Krisenstimmung

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Verlorenes Vertrauen

Die Umfragewerte der Bundesregierung sind miserabel, der Ausblick in die Zukunft für die meisten Niedersachsen auch. Eine Allensbach-Erhebung vom Jahresbeginn zeichnet ein besorgniserregendes Bild der Stimmung im Land.

In Krisenzeiten wird gespart: Dieser Grund­­satz ist aktuell nicht nur in der Inves­titionszurückhaltung der Wirtschaft erkennbar, sondern auch an der Konsumlaune der Verbraucher. Das Weihnachtsgeschäft des Jahres 2023 verlief für den Einzelhandel so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht. Obwohl die Reallöhne im vierten Quartal sogar um einen Prozentpunkt gestiegen sind, brachen die realen Einzelhandelsumsätze im gesamten Jahr 2023 um -3 Prozent ein. „Die aktuelle Wirtschaftslage und nahezu alle Prognosen für unser Land sind von einem nie gekannten Pessimismus, ja schon fast von Defätismus geprägt“, sagt Dr. Volker Schmidt, Haupt­geschäftsführer der AGV.

der Befragten geben an, mit der Arbeit der Bundesregierung nicht zufrieden zu sein.

Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6180

Allerdings sind es nicht allein die Auswirkungen globaler Konflikte wie die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen, die das Vertrauen in die Zukunft und den Wirtschaftsstandort erschüttern. Aus Sicht von Schmidt ist die Krise in erster Linie hausgemacht: „Durch eine Regierungspolitik, die stärker auf Gesinnung und Selbstver­gewisserung setzt, anstatt auf Realitätssinn.“ Und auf einen Politikstil, der kaum berechenbar ist. Sei es die abrupt gestoppte E-Mobilitätsprämie, die viel kritisierte Gaspreisbremse oder das umstrittene Heizungs­gesetz: „Kaum ist eine Gesetzes­initiative präsentiert, wird sie zerredet, geändert oder gleich ganz abgeräumt. Die Folge: Die Wirtschaft und auch weite Teile der Bevölkerung haben das Vertrauen in diese Bundesregierung verloren.“ Und so scheint es seit Monaten, als hielten alle den Atem an: Was lässt man sich in Berlin als Nächstes einfallen, was Wirtschaft und Bevölkerung wieder teuer zu stehen kommen wird?

Ausgeprägter Zukunftspessimismus

„Zurzeit steht Deutschland ja vor vielen Problemen und Herausforderungen. Aber wenn Sie einmal an die nächsten zehn Jahre denken: Sind Sie da eher optimistisch oder pessimistisch, dass Deutschland eine gute
Zukunft haben wird?“

Basis: Niedersachsen, Bevölkerung ab 18 Jahre

Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6180

Energie- und Klimapolitik besorgen die Bürger

Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Drei-Quellen-­Mediengruppe macht dies zu Jahresbeginn deutlich: Fast 80 Prozent der Niedersachsen sind unzufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung, drei Viertel von ihnen (74 Prozent) machen ihre Kritik fest am Gebäu­deenergiegesetz („Heizungsgesetz“) und den damit verbundenen Kosten, die auf sie zukommen. Neben der Flüchtlings­politik besorgt die Niedersachsen kein Thema mehr als die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung. Und das, obwohl das Heizungsgesetz zuletzt weitgehend aus der Berichterstattung verschwunden ist. In den Köpfen der Menschen scheint es nach wie vor sehr präsent zu sein.

Zukunftspessimismus verschärft das Gefühl von Planungsunsicherheit

„Neulich sagte jemand ,Ich habe das Gefühl, dass es immer schwieriger wird, die
eigene Zukunft zu planen.‘
Geht es Ihnen auch so, oder geht es Ihnen nicht so?“

Basis: Niedersachsen, Bevölkerung ab 18 Jahre

Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6180

62 Prozent der Niedersachsen sehen durch die politischen Vorgaben zum Heizen und zur Energieeffizienz erhebliche Kosten auf sich zukommen, 68 Prozent von ihnen – das entspricht 42 Prozent der Niedersachsen insgesamt – sehen sich dadurch sogar finanziell überfordert. Damit hat die negative Einstellung der Bevölkerung gegenüber dem Heizungsgesetz, verglichen mit der letzten Umfrage im Sommer 2023, nur leicht abgenommen.

Schmidt: „Obwohl das Heizungsgesetz nicht mehr die Schlagzeilen bestimmt, ist es in den Köpfen der Menschen voll präsent. Und: Wenn mehr als sechs von zehn Niedersachsen erhebliche Kostensteigerungen auf sich zukommen sehen und über 40 Prozent der Bevölkerung befürchten, das Heizungsgesetz würde sie finan­ziell überfordern, hat dies natürlich Einfluss auch auf die Konsumneigung der Menschen. Wer so in Sorge vor der Zukunft lebt, hält sein Geld zusammen. Das Heizungsgesetz ist damit ein Erklärungsgrund für die außergewöhnliche Konsumschwäche, die wir gegenwärtig beobachten – trotz steigender Reallöhne und eines stabilen Arbeitsmarktes.“

Gründe für die unzufriedenheit

„Und womit sind Sie derzeit vor allem nicht zufrieden, was stört Sie an der Bundesregierung“
Basis: Niedersachsen, Mit der Arbeit der Regierung Unzufriedene

Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 6180

Zukunftspessimismus bietet Nährboden für politische Extreme

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Allensbach-Befragung ein düsterer Trend: Die Mehrheit der Bevölkerung wie auch weite Teile der Wirtschaft vermissen im derzeitigen volatilen Umfeld Planungs­sicherheit, und dieses Empfinden wird durch den weit verbreiteten Zukunftspessimismus erheblich verstärkt. 58 Prozent der niedersächsischen Bevölkerung haben das Empfinden, dass es immer schwieriger wird, die eigene Zukunft zu planen. Bei denjenigen, die nicht daran glauben, dass Deutschland in den kommenden zehn Jahren eine gute Zukunft bevorsteht, ist dieses Gefühl noch weitaus stärker verbreitet: 76 Prozent der Zukunftspessimisten haben das Empfinden, dass sie ihre eigene Zukunft nur schwer planen können. Schmidt: „Diese Entwicklung ist brandgefährlich. Aus Planungs­unsicherheit erwächst Zukunfts­pessimismus und umgekehrt. Angesichts der multiplen Herausforderungen, denen das Land gegenübersteht, gibt dies den idealen Nährboden für eine Stärkung der politischen Ränder und für wachsende Skepsis mit Blick auf die Problemlösungs­fähigkeit der parlamentarischen Demo­kratie als Staatsform.“

[Isabel Link]

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