Editorial

Toxische Positivität

Liebe Leserinnen und Leser,

kürzlich las ich in einer Zeitung den Begriff „toxische Positi­vi­tät“. So wird ein vergleichsweises junges psychisches Phänomen genannt, bei dem Betroffene den Zwang verspüren, alles positiv zu sehen und sich glücklich fühlen zu müssen, auch wenn sie es nicht sind. Es ist die Schattenseite einer auf die Spitze getriebenen feel-good-Mentalität in den sozia­len Medien. Ich musste dabei zwangsläufig an die gern per Selfie kommunizierende Bundes­regierung denken – und an die Bewertung ihrer Konjunkturprognose für 2024, die von einem erneuten Mini-Wachstum für Deutschlands Wirtschaft ausgeht und damit sämtliche optimistischen (Selbst-) Einschätzungen vom Jahresende als falsch entblößte. „Peinlich“ fand das Bundesfinanzminister Christian Lindner, „dramatisch schlecht“ nannte Wirtschaftsminister Robert Habeck die Aussicht. So kann sich wohl toxische Positivität in der Politik äußern: Wenn Optimismus zwanghaft wird und sämtliche Realitäten ausblendet, geht er irgendwann nach hinten los.

Wie die Performance der Bundesregierung und die anhal­tende Misere unserer Wirtschaft von den Niedersachsen wahrgenommen werden, hat die Drei Quellen-Medien­gruppe aus Hannover zu Jahresbeginn vom renommierten Institut Allens­bach erfragen lassen. Optimisten aufgepasst: In diesem Artikel wird es pessimistisch, zumindest, was die Einschät­zung der eigenen Zukunft und die Belebung unserer Wirtschaft angehen. Kaum überraschend, dass den Demoskopen zufolge rund 80 Prozent der niedersächsischen Bevölkerung mit der Bundesregierung unzufrieden sind.

Sorgen bereits die Energie-, Flüchtlings- und Wirtschafts­politik der Ampelkoalition für eine miese Stimmungslage, kann diese beim Blick auf den blutigen Krieg in der Ukraine regelrecht toxisch werden: Vor über zwei Jahren überfiel Putin sein Nachbarland, Europa hilft, hofft und hadert seitdem mit dem zuvor Undenkbaren. Was den russischen Machthaber, der sich selbst als Nachfolger imperialistischer Zaren sieht, umtreibt, ordnet Rüdiger von Fritsch in diesem AGV-Report ein. Das Gespräch mit dem früheren deutschen Botschafter in Moskau finden Sie hier.

Müsste uns vor diesem Hintergrund und eingedenk der Erhard’schen Feststellung, dass Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie sei, beim Blick in die Zukunft angst und bange werden? Ja und nein! Unsere Gesellschaft hat durch die aufein­anderfolgenden Krisenjahre und den fortwährenden Ampel-Zoff ganz offensichtlich einen psychischen Knacks bekommen. Zukunftsangst aber lässt Konsumenten das Geld zusammenhalten und Investoren zögern. Meldungen wie „Die Deutschen sparen am meisten“, klingen da wie eine dunkle Vorsehung. Was also sorgt für Optimismus? Das Wissen, dass die Soziale Marktwirtschaft, lässt man sie sich frei entfalten, ein nach wie vor erfolgreiches Wirtschafts­modell für unser Land ist. Dass wir auch in Niedersachen mutige, findige Unternehmer wie etwa die Brüder Björn und Thorben Scharnhorst haben, die das alteingesessene Familien­unternehmen „Exportver­packung Sehnde“ ideenreich in die Zukunft führen – mehr dazu hier. Oder dass mit der Neugründung des Verbandes Unternehmer Celle (UC) unser Netzwerk innerhalb der Bürogemeinschaft gewachsen ist und niedersächsische Unternehmen damit dokumentieren, dass sie ein hohes Interesse haben, sich auf regio­naler Ebene auszutauschen und zu vernetzen, kurz: Dass sie lebendig sind und über den Teller­rand schauen.

Ich wünsche Ihnen eine unterhaltsame Lektüre unseres AGV-Reports – und eine gesunde Portion Positivität!

Herzlichst, Ihr

Dr. Volker Schmidt
Hauptgeschäftsführer AGV Hannover

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